Einfach machen!
Als Asanti es geschafft hat, erstrahlt ein stolzes Lächeln auf ihrem Gesicht. Das Auftragen der Blondierungspaste auf die Strähnen am Übungskopf hat ihr einiges an Fingerspitzengefühl abverlangt. Etwas von der hellvioletten Mischung ist auf ihre Hose getropft und hat dort sofort zwei kleine weiße Flecken hinterlassen. Doch Julia, Auszubildende zur Friseurin im zweiten Lehrjahr bei der Frisierbar in Würzburg, greift ganz ruhig zu einer Dose Haarspray und sprüht damit auf Asantis Hose. "So kannst du es später ganz einfach auswaschen", sagt sie und leitet Asanti weiter an, die Blondierung richtig auf die Haare aufzutragen. Die 16-jährige Schülerin nickt und macht mit voller Konzentration weiter. An dieser Station hat das Machen, das Ausprobieren Asanti voll und ganz gepackt. Wie ihr geht es heute vielen hier im Bildungszentrum Würzburg. Am Macher-Tag können sie in den Werkstätten hämmern, meißeln, Teig kneten und vieles mehr ausprobieren – eine Chance die rund 800 Besucherinnen und Besucher an diesem Tag nutzen.
Machen im Mittelpunkt
Wir begleiten Asanti und ihren Mitschüler Alexander. Beide besuchen den Werken-Zweig der Jakob-Stoll-Realschule in Würzburg und machen dieses Jahr ihren Abschluss. Während Asanti noch nicht weiß, in welche Richtung sie nach der Schule gehen möchte, hat Alexander bereits eine Ausbildungsstelle als Zimmerer in der Tasche. Auf den Macher-Tag freut er sich trotzdem. "Ich möchte mir einfach einen Überblick verschaffen, was es noch alles gibt", formuliert es der 17-Jährige. Und das ist eine ganze Menge: Über 60 Ausbildungsbetriebe, Institutionen und Innungen präsentieren in den Werkstätten des Bildungszentrums ihre Ausbildungsberufe. Im Mittelpunkt steht dabei das Mitmachen und Eintauchen in die Praxis – und das tun Asanti und Alexander an zahlreichen Stationen.
Folieren und Fräsen
Der Stand für den Ausbildungsberuf Schilder- und Lichtreklamehersteller lässt schon erahnen, welche Vielfalt in diesem Handwerk steckt. Im Hintergrund leuchtet eine meterhohe LED-Wand, ein großer Plotter surrt davor eifrig vor sich hin. Dass dieser Ausbildungsberuf vor allem Abwechslung bedeutet, erklärt auch Maximilian Troll aus dem Team von Schömig Digitaldruck aus Rimpar den beiden Schülern. "Ob Leuchtreklame für ein Geschäft, das Gestalten von Messeständen, Autobeklebungen oder verschiedene Druckverfahren – du kannst jeden Tag etwas anderes machen", zählt er auf und bekommt von Asanti und Alexander staunende Blicke erwidert. Nachdem die beiden hier das Folieren ausprobiert haben, eilen sie weiter in die Schreinerwerkstatt. Gleich hinter der Tür steigt ihnen der kernige Duft von frischem Holz in die Nasen, ihr Blick fällt auf die kleinen handgeführten CNC-Fräsen, die hier gleich an mehreren Stationen aufgebaut sind. "Das habe ich schon mal ausprobiert", stellt Alexander fest und lässt seiner Mitschülerin den Vortritt. Nach einer kurzen Einweisung durch Ausbildungsmeister Florian Brunhuber führt sie kurz danach die Fräse sicher über ein Holzbrettchen und verewigt ihren Namen darauf.
Interessante Gespräche
Nun ist aber Alexander dran, er interessiert sich für das Angebot des Bundesausbildungszentrums der Bestatter. Schon auf dem Weg dorthin ist ein Hämmern zu hören: Die Bestatter lassen interessierte Schüler Särge beschlagen. Alexander ist davon beeindruckt, dass dieser Beruf sowohl handwerkliches Geschick als auch einen hohen Grad an persönlicher Reife erfordert. Besonders den Ausführungen von Alexandra Eyrich, die in Münnerstadt das Thema Trauerpsychologie unterrichtet, folgt der 17-Jährige aufmerksam. "Es war interessant zu hören, was alles zu diesem Beruf gehört", stellt er anschließend fest.
Spengler mit Pfiff
Als Asanti und Alexander im Anschluss die Spenglerwerkstatt erreichen, heißt es erst einmal warten. Das Team der Spenglerei Lummel aus Karlstadt wird gerade von mehreren Familien umringt, alle möchten gerne mit den traditionellen Werkzeugen von Hand eine kleine Krabbe aus Metall oder eine Spenglerpfeife biegen. Als die beiden dran sind, wird es besonders für Alexander knifflig. Beim Hantieren mit der Blechschere und dem ungewohnten Werkstoff Metall zwickt er sich leicht in den Finger. Doch auch ihn hat das Machen hier voll gepackt. Er begutachtet den kleinen Schnitt und macht einfach weiter. In wenigen Minuten haben er und Asanti unter professioneller Anleitung die Spenglerpfeife fertiggestellt. Ihr schriller Pfiff hallt anschließend als hörbarer Erfolg durch die Werkstatt. Bei den Zimmerern ist Alexander schließlich voll in seinem Element. Mit David Ianello, der hier als Auszubildender seinen Beruf vorstellt, fachsimpelt er über Holzbau, Steckverbindungen und das richtige Werkzeug für einen Zimmermann. "Das Tolle am Zimmererhandwerk ist seine enge Verbindung von Tradition und Moderne", lässt David Ianello Alexander wissen und zeigt ihm an dem Holzhaus, dass die Auszubildenden in der Halle aufgebaut haben, was er damit meint. Mit einem stolzen Lächeln geht auch Alexander anschließend aus der Werkstatt und der Gewissheit, dass er sich für den richtigen Ausbildungsberuf entschieden hat.
Offenheit und neue Perspektiven
"Ich fand es toll, verschiedene Stimmen zu hören und dass jeder so offen für Fragen war", freut sich der Schüler beim Abschied. Und auch Asanti haben die Gespräche auf Augenhöhe und das Ausprobieren in der Praxis begeistert. "Die Berufe aus verschiedenen Perspektiven zu erleben, auch mit Auszubildenden zu sprechen – das hat mir sehr gefallen", schwärmt sie. Auch wenn die beiden an diesem Tag nicht alles sehen, geschweige denn ausprobieren konnten – dafür reichte die Zeit einfach nicht – gehen sie doch glücklich nach Hause. Denn sie sind dem Handwerk heute offen und auf Augenhöhe begegnet – genauso wie das Handwerk ihnen.