Eingespielt wie ein gutes Klavier
Was macht ein gutes Team aus? Diese Frage kann Peter Kleinhenz aus dem Stehgreif beantworten: "Dass man sich aufeinander verlassen und offen miteinander reden kann", sagt er mit Überzeugung und kräftiger Stimme. In einem guten Team kennt man sich, weiß um die Stärken, aber auch die Schwächen der anderen. In einem guten Team übernimmt jeder Verantwortung. Verantwortung für sich und die anderen.
Verantwortung, die gewachsen ist
Das Piano-Center Oberthulba ist ein gutes Beispiel dafür, wie unternehmerische Verantwortung im Handwerk gelebt wird. Sie ist gewachsen und fest im Unternehmensalltag verwurzelt. Und sie zeigt sich offen im Umgang der Mitarbeiter miteinander. Insgesamt vier Männer zählt das Team von Peter Kleinhenz, ihn selbst miteingeschlossen. Dazu kommt noch seine Frau Beatrix, mit der gemeinsam er das Unternehmen führt. "Wir sind eine richtige Spezialtruppe", sagt der 70-Jährige mit einem verschmitzten Grinsen auf den Lippen. Für seine Spezialtruppe hat Peter Kleinhenz viel Lob übrig. Über Michael Herrmann, der seit 35 Jahren zum Team gehört, sagt er zum Beispiel: "Er bringt hier einfach eine wahnsinnige Leistung." Es sind ehrliche Worte, die echte Wertschätzung ausdrücken. Michael Herrmann ist seit seiner Geburt fast blind. Er hat eine Ausbildung zum Klavierstimmer an einer speziellen Schule in Berlin absolviert. Danach sei die Jobsuche für ihn als blinden Klavierstimmer nicht einfach gewesen, erinnert sich der 55-Jährige. "Für viele Arbeitgeber ist die persönliche Mobilität ein Einstellungskriterium, denn Klavierstimmer sollen zum Kunden fahren und dort die Instrumente stimmen. Das ist für mich aufgrund meiner Behinderung aber leider nicht möglich", erzählt Michael Herrmann. Auch sein heutiger Chef Peter Kleinhenz hatte Bedenken, als der blinde Klavierstimmer vor vielen Jahren zum Probearbeiten kam. "Ich habe mich schon gefragt, ob das funktionieren kann", gibt der Unternehmer zu.
Persönliche Basis für gute Arbeit
Dass es sehr gut funktioniert, wurde aber schon kurz darauf klar. Michael Herrmann überzeugte nicht nur mit seinem feinen Gehör, sondern auch mit seiner Art. "Er ist einfach ein ruhiger, sympathischer Typ, das kommt ihm auch im Kundenkontakt zugute", lobt Peter Kleinhenz. Als er diese Anerkennung ausspricht, huscht Michael Herrmann ein Lächeln übers Gesicht – ganz kurz, aber sichtbar stolz.
Dass der 55-Jährige trotz seines Handicaps hier eine Arbeit gefunden hat, funktioniert auch, weil das Piano-Center Oberthulba etwas auszeichnet, dass es in vielen Handwerksbetrieben gibt: Ein kleines, sehr persönliches Team, in dem sich alle aufeinander verlassen können. Peter Kleinhenz formuliert es so: "Wir sind eingespielt wie ein gutes Klavier." Und das bedeutet: In der Werkstatt, wo die vom Piano-Center angekauften Instrumente fachkundig wieder aufbereitet und restauriert werden, arbeitet Michael Herrmann mit Klavierbauer Fritz Sattes Hand in Hand. Zu tun gibt es reichlich, denn rund 200 Instrumente stehen regelmäßig zum Verkauf. Auch im knapp 2.000 Quadratmeter großen Verkaufsraum ist der gelernte Klavierstimmer im Einsatz und berät die Kunden, wenn Chef Peter Kleinhenz mal wieder im Außendienst unterwegs ist. Eingespielt ist das Team auch außerhalb von Werkstatt und Verkaufsraum, denn wenn es raus zum Kunden geht, wird Michael Herrmann ebenfalls von seinen Kollegen unterstützt. Hier fährt ihn Stefan Witzke, der Logistiker und vierte Mann im Team.
Weitermachen aus Verantwortung
Das eingespielte Team hat sich bundes- und europaweit einen Ruf erarbeitet: Aus dem Piano-Center Oberthulba kommen hochwertig restaurierte Instrumente, auf denen auch schon berühmte Jazzpianisten wie Helge Schneider oder Chinese Lang Lang gespielt haben. „Wir haben uns mit Jahren ein gewisses Know-how erarbeitet", sagt Peter Kleinhenz stolz. Er weiß: "Ein gutes Klavier steigt mit der Zeit im Wert." Und genauso ist es auch mit einem guten Team. Auf seine Spezialtruppe möchte und kann der 70-Jährige nicht verzichten. "Ich könnte ja schon längst in Rente gehen, aber was wird dann aus den Jungs?", fragt er offen. So lange es noch möglich ist, macht er weiter – auch für seine Männer.